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„Schwarzhörern" em pfiehlt STEREO
monatlich die besten Schallplatten
des „Schwarzmarktes"
Earth, Wind & Fire
Harry Belafonte
THAT’S
THE WAY OF THE WORLD
THE MANY MOODS OF BELAFONTE
Impex LP, audikron.com
Impex 2 LPs, audikron.com
Drohte die Tanzfläche sich zu
lichten, legte ich als DJ einfach
„Let’s Groove“, „Fantasy“ oder
„September“ von Earth, Wind &
Fire auf. Als Gegengift für müde
Beine verfehlten diese Songs ihre
Wirkung vor drei Dekaden ebenso
wenig wie heute. Nebenbei be-
merkt, auch damals schon waren
diese Dancefloor-Klassiker keine
aktuellen Chart-Hits mehr. Perfekt
arrangierter Soul-Funk mit Welt-
klasse-Bläsern und -Chor ist halt
zeitlos. Den Durchbruch hatte die
Band um Drummer Maurice Starr
1975 mit dem Album „That’s The
Way Of The World“, benannt nach
dem gleichnamigem Film über die
Musiki ndustrie mit einem jungen
Harvey Keitel als dem bösen Plat-
tenlabel-Boss. „Shining Star“, das
bekannteste Stück hieraus, 20 Wo-
chen die Nummer Eins in den USA,
kennen Sie, lieber Leser, sicher
auch als Ohrwurm.
Wenn nun das Gourmet-Label
Impex dieses über drei Millionen
Mal verkaufte Hit-Album wieder
herausbringt, stellt sich die Frage,
ob sich ein Neukauf lohnt. Wir ha-
ben die Neuveröffentlichung mit
der originalen Erstpressung auf
Columbia (PC 33280) verglichen
und ein Patt verzeichnet. Beide
Pressungen klingen dynamisch,
vollmundig, präzise. Die nieder-
ländische Version auf CBS (80575)
tönt daneben ein wenig dünn, ja
bisweilen blechern. Dennoch, zum
Abrocken oder bei den Balladen
zum Mitsummen taugten alle drei
Versionen. Wem sie gänzlich fehlt,
sei die neue Impex-Pressung ans
Herz gelegt.
Ilhami Düzgün
Dieses im Studio entstandene
Album des Calypso-Meisters von
1962 mag etwas im Schatten der
beiden Carnegie-Live-Auftritte ste-
hen, ist aber ebenso hörenswert.
Zumal man hier - neben anderen
Top-Musikern - auch die Sängerin
Miriam Makeba sowie Hugh Ma-
sekela an der Trompete erleben
darf. Unnachahmlich ist die eben-
so charakteristische wie überaus
einfühlsame und wandlungsfähige
Stimme des von mir hochgeschätz-
ten Harry Belafonte.
Die Neuauflage von Impex, re-
mastered von Kevin Gray und „Mr.
Record“ Robert Pincus von den
original Masterbändern, lag uns
in einer Testpressung vor, die man
fertigungstechnisch als perfekt
bezeichnen kann. Dass das hier im
Gegensatz zur ursprünglichen RCA
Victor-Pressung auf zwei LPs aufge-
teilte Album mit 45 Umdrehungen/
Minute abgespielt werden muss,
was naturgemäß einen Dynamik-
gewinn mit sich bringt, sei hier nur
der Vollständigkeit halber erwähnt.
Das Ergebnis ist mehr als 50 Jahre
nach der Premiere atmosphärisch,
transparent und klangiich beein-
druckend. Anspieltipp: „Try To
Remember“.
Tom Frantzen
LAFONTE
Elvis Presley
THE ESSENTIAL ELVIS VOL. 2:
STEREO 57
Acoustic Sounds 2 LPs, vinylkatalog.de
Neben EMI in London, wo man
Karajans Aufnahme des „Rosen-
kavalier“ schon früh parallel als
Stereo-Aufnahm e
abgem ischt
archiviert hatte, war RCA Records
N E U E S A U F V I N Y L
in Amerika in den 50er Jahren eine
der technisch innovativsten Plat-
tenfirmen. Auf Dreispur-Ampex-Ma-
schinen nahm man die nachmals
legendären Klassikeinspielungen
der „Living Stereo“-Serie auf.
Es gehörte allerdings einige Chuz-
pe dazu, die von Produzent Bones
Howe in seinem Bankschließfach
jahrzehntelang gehüteten Tonbän-
der mit Elvis-Presley-Aufnahmen
vom Januar 1957 erstmals 1988
in eben dieser berühmten „Living
Stereo“-Serie auf CD zu veröffent-
lichen. Howe, einst als blutjunger
Neuling der „tape operator“ im
RCA-Studio am Santa Monica Bou-
levard 7000, hatte die parallel auf
Zweispur-Maschine aufgezeichnet
- als Sicherheitskopie, die er ge-
gen ausdrückliche Anordnung des
Studios nicht löschte, sondern zu
sich mit nach Hause nahm! Es han-
delt sich hier nicht um stereofon
abgemischte Aufnahmen, sondern
„binaurale“ - ähnlich wie die ers-
ten beiden Beatles-LPs, nur dass
hier das „Loch in der Mitte“ noch
auffälliger ist als bei „Please Please
Me“ und „With The Beatles“. Mit
dem Ergebnis, dass man Elvis (im
linken Kanal) genau genommen
noch unmittelbarer und weniger
manipuliert aufgezeichnet hört als
bei einem Stereo-Mix. Dabei war
die dort mitlaufende experimentel-
le Zweispur-Maschine ja eigentlich
zu dem Zweck gebaut worden, von
dieser Sicherheitskopie notfalls
aus den beiden Tonspuren - Ins-
trumente und Gesang separat auf
je einer aufgezeichnet - einen
möglichst perfekten Mono-Mix zu
produzieren.
Die
auch
Regieanweisungen,
Flachs der Musiker und viele Bemer-
kungen von Elvis konservierenden
Bänder waren deswegen ein rarer
Glücksfall, weil sie das komplette
Studiogeschehen
unglaublich
lebendig einfingen. So hört man
die 15 Aufnahmen (ausgewählte
Takes, das Studio-Geplauder exakt
identisch timbriert) unverfälscht
jetzt auch auf den beiden mit 45
rpm geschnittenen LPs, als Al-
ternativ-Takes von so berühmten
Elvis-Klassikern wie „Mean Wo-
man Blues“, „I Beg Of You“ und
„There’ll Be Peace In The Valley“.
Wer sich den Spaß erlauben möch-
te zu überprüfen, auf welchem
Tonträger über welches Gerät der
eigenen HiFi-Anlage das „live-haf-
tiger“ klingt, kann die CD mit die-
ser Doppel-LP und der inzwischen
auch veröffentlichten Hybrid-SACD
vergleichen.
Franz Schöler
Rickie Lee Jones
RICKIE LEE JONES
MFSL 2 LPs, sieveking-sound.de, Preis: zirka 75 Euro
Ein Debüt, das die Musikgeschichte
geprägt hat. 1979 wirbelte Rickie Lee
Jones bei ihrem Streifzug durch Folk,
Jazz und Pop reichlich Staub auf,
nicht zuletzt die charakteristische
Stimme der in Chicago geborenen
Sängerin und Multiinstrumentalistin
trug dazu bei. Auch den Nerv der
Klanganbeter traf die saubere Pro-
duktion schon damals. Warum also
schon wieder eine Vinylveröffentli-
chung, zumal es bei MFSL ja schon
eine Version gibt? Natürlich werden
beim Preis von 75 Euro für die mit 45
Umdrehungen geschnittene Dop-
pel-LP vorzugsweise Sammler, Fans
und HiFi-Studios angesprochen,
aber in diesem Fall entsprechen
die vollmundigen Ankündigungen
tatsächlich dem Klangerlebnis. Die
plan gepressten Scheiben laufen oh-
ne jedes Geräusch, während klang-
lich ein dynamisches Feuerwerk
entfacht wird, das Vinylskeptiker
in Versuchung bringen dürfte, das
Wiedergabemedium zu wechseln.
Auch die Raumabbildung und die
präzise Abbildung einzelner Ins-
trumente verblüfft - wenn die Jus-
tage von Plattenspieler und System
perfekt vorgenommen wurde. Bei
einer Platte, die man auswendig
zu kennen glaubt, doch noch neue
Details zu entdecken, kommt schon
einem Husarenstreich gleich.
Michael Lang
STEREO 4/2014 121